Campus jetzt beenden !

Wir haben alle in den letzten Monaten viel am Thema Campus gearbeitet:

  • Es wurde Fragen in Ausschüssen und Rat gestellt und beantwortet
    (FDP war rege beteiligt)
  • Mit Schulleitungen, Schülern und Lehrern gesprochen
  • Mit Sport- und Musikvereinen diskutiert
  • Mit Anwohnern gesprochen
  • Und letztlich hat sich eine Bürgerinitiative gebildet, deren Meinung wir ebenfalls gehört haben

Wir könnten mit alldem weitermachen, noch weitere Gutachten und Berichten abwarten, anhören, unterschiedlich interpretieren und dabei die eigentliche Entscheidung weiter in die Zukunft verschieben.

Wir möchten daran erinnern: Vor Ostern wird entschieden!  Hieß es mal. Jetzt sieht’s eher nach Weihnachten, wenn nicht gar Ostern 2023 aus, bevor die Bauverträge endgültig vielleicht vergeben werden könnten.

ODER

Oder, der Rat der Stadt folgt unserem Antrag auf Beendigung des Projektes Campus! Wir in der FDP haben geprüft, ob nicht schon genügend entscheidungsrelevante Punkte vorliegen, bei denen keine wesentlichen Veränderungen mehr zu erwarten sind.

Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass das der Fall ist und ich möchte Ihnen die 4 wesentlichen Gründe dafür gern kurz erläutern.

Einige Fraktionen, die UWT voran, haben sich zu unserem Antrag schon quasi nach Aktenlage festgelegt und das auch schon öffentlich gemacht.

In Sitzungen vorgetragene Argumente von Ratsmitgliedern anderer Fraktionen scheinen da nicht mehr wichtig zu sein.

Und ein Anhören und ggf. Berücksichtigen dieser Argumente bei der Entscheidung scheint nicht mehr zu den demokratischen Gepflogenheiten zu gehören.

Nein danke, liebe UWT, wir von der FDP werden die Ratssitzungen nicht auf Facebook verlegen !

Wir werden weiterhin dort und in anderen Medien unsere Anträge zur Information bereitstellen, aber unsere Entscheidungen werden wir immer erst nach den Sitzungen dort ggf. über unsere Sitzungsbeiträge hier hinaus begründen. Politische Diskussionen finden im Rat statt, nicht bei Facebook!

Besonders verwundert sind wir übrigens, dass doch gerade Fred Schwirtz von der UWT in den letzten Wochen immer wieder einen ordentlichen demokratischen Diskurs angemahnt hatte. Da scheint aber zweierlei Maß angelegt zu werden!

Soviel zur Einleitung aber zurück zu den 4 Gründen für unseren Antrag, die wir trotz alledem hier vorstellen möchten und der Öffentlichkeit nach der Ratssitzung noch einmal zur Verfügung stellen möchten.

Grund 1: Das Grundstück ist zu klein!

Kein Gutachten der Welt wird das Grundstück um 1 m² vergrößern. Und nach unserer Auffassung ist es eben nicht groß genug für 2 4-zügige Schulen, Forum, Verwaltung und Dreifachsporthalle.

Zumindest dann nicht, wenn wir nicht vorhaben, in Höhen zu bauen, die in Richtung Wasserturm gehen.

Und vom anstehenden Schulentwicklungsplan erwarten wir dazu auch keine besonderen Erkenntnisse, die daran etwas ändern.

Apropos Schulentwicklungsplan: Da stehen nur Prognosen für die nächsten maximal 10 Jahre drin. Weder sind dort Informationen für die gesamte Nutzungsdauer von Schulgebäuden (diese beträgt 60 Jahre) enthalten, noch beinhaltet ein Schulentwicklungsplan eine eingebaute Glaskugel. Fluchtbewegungen, Zuzug in neue, heute noch nicht beschlossene Wohngebiete, Änderungen bei der Geburtenrate: Alles nicht oder nur abschätzend und nur für 10 Jahre enthalten. Das geht auch nicht anders und wäre zudem auch unseriös.

Die Grundstücksgröße ist aber final fixiert und lässt keinen Spielraum, keine Flexibilität auf solche Änderungen in den nächsten 60 Jahren zu reagieren.

Und ganz konkret: Wir von der FDP erwarten mittelfristig eher 2 5- als 2 4-vierzügige weiterführende Schulen in Tönisvorst. Und damit wäre der Platz erst recht zu klein. Planungssicherheit geht aus unserer Sicht anders.

Grund 2: Die verkehrliche Lage

Der Acker am Wasserturm liegt verkehrstechnisch perfekt!

Leider nicht für zu Fuß gehende oder radelnde Schülerinnen und Schüler, sondern für den PKW-Verkehr der berufstätigen oder zum Einkaufen fahrenden Eltern.

Daran werden Unter-, oder Überführungen, zusätzliche Ampeln und eine perfekt für den Radverkehr ausgebaute Schlufftrasse nichts ändern. Eltern werden ihre Kinder in der dunklen Jahreszeit oder bei schlechtem Wetter mit dem Auto bringen, abholen oder „mal eben absetzen“. In den nächsten 60 Jahren geschieht dies zwar hoffentlich mit dem E-Auto, aber es wird geschehen und ohne entsprechend geplante Ausstiegszonen zu Verkehrsgefährdung und -chaos führen.

Und unter schlechtem Wetter verstehen wir dabei nicht nur Regen, Schnee und Glatteis. Auch extreme Hitze, Starkregen und Tornadowarnungen sind keine guten Voraussetzungen für das Radfahren und begünstigen Elterntaxis!

Diese beiden – von uns seit langem kritisch betrachteten – Gründe allein hätten uns noch nicht veranlasst, unseren heutigen Abbruch-Antrag zu stellen. Wir hätten hier wohl weitere Konzeptideen und Argumente abgewartet. In den letzten Wochen sind aber 2 weitere Gründe hinzugetreten:

Grund 3: Anstieg der Baupreise, gleichzeitig Wegfall der Förderung

Wegen des Endes der Corona-Krise und insbesondere durch den Ukraine-Krieg haben wir explosionsartige Entwicklungen bei Baumaterial. Und auch wenn diese Anstiegsentwicklung sich vielleicht bald langsam abschwächt, einen Rückgang der Preise auf das Niveau der Campus-Planungen werden wir in dem Zeitfenster, in dem wir hier zu einer Entscheidung kommen müssen, nicht mehr (oder nur bei einigen wenigen Baukomponenten) erleben.

Da wird uns die beauftragte Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auch nicht viel weiterhelfen. Auch dort fehlt die eingebaute Glaskugel. Es gibt neuerdings Tagespreise bei Baumaterialien - da werden wir keinen Festpreis-Bauunternehmer für unser Projekt finden, der den Baupreis nicht von der Inflation abhängig macht.

Gleichzeitig gibt es aktuell kein Förderprogramm in relevanter Größenordnung. Und nachfolgende Förderprogramme für das nächste Jahr fördern sogar voraussichtlich eher klimagerechte Sanierungen denn klimagerechte Neubauten! Zumindest ist das das, was wir so aus Berlin hören. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung wird hierzu ebenfalls keine neueren Erkenntnisse liefern.

Kurz: Im Vergleich zum Campus-Visions-Beginn aus dem Ruder laufende Kosten und weggebrochene Förderprogramme. Dazu stetig steigende Bau-Zinsen, die auch noch weiter steigen werden. Die gesamte Finanzierungsplanung müsste neu aufgestellt werden und wäre dann immer noch mit maximaler Unsicherheit behaftet. In dieser Situation ist ein solches Großprojekt sehr riskant für den Tönisvorster Steuerzahler. Das Zeitfenster niedriger Zinsen und niedriger Inflation haben wir in Tönisvorst – jetzt schon – elegant verpasst! Der Kapitalmarkt hat sich leider alles andere als positiv für ein solches Projekt entwickelt und die anfängliche Annahme das es noch positive Zinsen gibt ist längst einem starken Zinsanstieg gewichen. Dies zählt u.a. auch für das von der Verwaltung und der im Rat befindlichen aktuellen Mehrheitsfraktionen entschiedenen Aussetzung der Umsetzung für ein Fachraumzentrum am Schulzentrum und den bereits längst beschlossenen Verwaltungsneubau. Alleine diesen beiden Projekte werden jetzt unweigerlich teurer für den Steuerzahler, weil hier die Zeit und der Kapitalmarkt eben nicht auf Tönisvorst gewartet hat. Und wir vermuten mal ganz stark, das die Verwaltung hier keine Zinssicherungsgeschäfte in weiser Vorrausicht getätigt hat? Im 10 Jahresbereich liegen die Zinsen wieder über 3 %. Wenn man mal unterstellt, das die öffentliche Hand günstigere Konditionen erhält, sind das aber immer noch einige Millionen im Jahr, die dann als Kapitaldienst aufgebracht werden müssten und wer den Haushalt kennt kommt unweigerlich zu der Frage: Wie soll das gezahlt werden ?

Und letztlich Grund 4, für uns ein sehr wesentlicher:

Es gibt eine Bürgerinitiative, die gegen diese Vision mehrere Tausend Unterschriften gesammelt hat.

Wir könnten auch hier das Rechtsgutachten aus dem Kreis zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens abwarten, dann Fragen dazu stellen, dann so-oder-so entscheiden, dann ggf. vor dem Verwaltungsgericht als Stadt verklagt werden und dann auch noch in Revision oder Berufung gehen.

Und dann wäre auch schon 2025 und wieder Kommunalwahl und wir haben in Sachen Schulgebäude nichts vorangebracht.

ODER

Oder der Rat folgt unserem Antrag und wir akzeptieren, dass es mehrere Tausend Tönisvorsterinnen und Tönisvorster gibt, die gegen die Umsetzung dieser Campus-Vision sind.

Dabei gehen wir in der FDP – anders als andere Fraktionen – übrigens nicht davon aus, dass unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mehrheitlich in ihrer eigenen Stadt Orientierungsschwierigkeiten haben und die Grundstücke am Wasserturm nicht auseinanderhalten können.

Nein, ein solches Giga-Projekt für Tönisvorst darf nicht gegen den Willen so vieler Bürgerinnen und Bürger politisch durchgepeitscht werden, selbst wenn das Bürgerbegehren letztlich vielleicht sogar knapp für das Projekt ausgehen sollte.

Wir von der FDP können im Rat der Stadt nur bitten, unsere Argumente zu prüfen und in Ihre Überlegungen in die Entscheidung einfließen zu lassen.

Und wir betonen nochmal: Mit der FDP Tönisvorst sind Investitionen in Bildung immer, zumindest fast immer, zu machen. Nur wenn das Projekt zu illusorisch oder finanziell für die Stadt untragbar ist, dann sind wir für andere Lösungen, die wir in unserem Antrag ja auch benannt haben!

Ihre FDP Fraktion

 

Torsten Frick & Marcus Thienenkamp